Banken haben einen großen Hebel, nämlich Geld. In unserer Gesellschaft läuft ohne solide Finanzausstattung nur sehr wenig. Und für fast alles werden, zumindest teilweise, Banken für die Finanzierung ins Boot geholt. Dabei entscheidet jede Bank für sich, welche Kredite sie vergibt und welche nicht. Damit haben Banken einen großen Einfluss auf den Klimaschutz und sie könnten enorm viel tun, um unsere Welt nachhaltiger zu machen. Allerdings muss sich dafür in der Finanzwelt noch einiges ändern.
Inhalt:
- Banken lenken Finanzströme
- Der EU-Aktionsplan für die Finanzwirtschaft
- Wie funktioniert die EU-Taxonomie?
- Bye-bye Greenwashing
- „Nachhaltigkeit light“ reicht nicht
- Die nachhaltige Zukunft wirksam mitgestalten
Banken lenken Finanzströme
Kapital ist in allen Lebensbereichen notwendig, bei der Lebensmittelproduktion wie beim Bau von Wohnungen, Straßen oder Kindergärten. Die Wirtschaft braucht erst recht Geld, um weiter zu wachsen, Produkte zu verbessern oder ihre Dienstleistung auszuweiten. Banken können diese Finanzströme gezielt lenken, indem sie bestimmte Kriterien bei der Kreditvergabe aufnehmen. Wäre Nachhaltigkeit bei allen Banken eine Grundvoraussetzung für eine Finanzierung, müssten alle Organisationen, Unternehmen und auch Privatpersonen bei größeren Investitionen verstärkt auf die ökologischen Auswirkungen ihres Vorhabens achten.
Allerdings konnten bislang in der Finanzwelt sehr profitable Geschäfte ohne den Blick auf Mensch und Umwelt gemacht werden. Aber der Druck aus Politik und Öffentlichkeit steigt und der Fokus rückt seit einigen Jahren stark auf nachhaltiges Wirtschaften. So ziehen nun viele Banken nach und bieten vermeintlich grüne Finanzprodukte an, obwohl diese bei genauerem Hinschauen in puncto Nachhaltigkeit oft enttäuschen. Das Problem besteht darin, dass es bislang kein klar definiertes, einheitliches Verständnis von Nachhaltigkeit gab. So war es in der Finanzwelt möglich, vielem einen grünen Anstrich zu geben, was im Kern wenig mit Klimaschutz oder Ökologie zu tun hat. Das ändert sich allerdings gerade.
Der EU-Aktionsplan für die Finanzwirtschaft
Im Jahr 2018 legte die EU erstmalig einen Aktionsplan zur Finanzierung von nachhaltigem Wachstum vor. Dieser Plan soll die europäische Finanzwirtschaft stärker auf die Förderung einer längerfristigen, nachhaltigen Entwicklung ausrichten. In den kommenden beiden Jahren ergänzte und verfeinerte die EU den Aktionsplan. Die Kernpunkte davon sind:
- Ein europaweites Klassifikationssystem (oder Taxonomie): Hierin wird Nachhaltigkeit definiert und die Bereiche erfasst, in denen nachhaltige Investitionen die größtmögliche Wirkung entfalten.
- Eine Kennzeichnung für grüne Finanzprodukte auf Grundlage dieser Taxonomie: Damit sollen Unternehmen, Organisationen und Privatanlegende leicht erkennen, welche Anlagen emissionsarm sind oder allgemein den Nachhaltigkeitskriterien entsprechen.
- Nachhaltigkeit als Pflichtkriterium: Es soll geklärt werden, inwieweit Vermögensverwaltungen und Institutionen Nachhaltigkeit bei ihren Investitionen berücksichtigen müssen.
- Nachhaltige Beratung: Eine Auflage für Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen soll klären, inwieweit Kundinnen und Kunden entsprechend ihrer Nachhaltigkeitspräferenzen zu beraten sind.
- Transparenz in Unternehmensbilanzen: Die klimabezogene Berichterstattung deutscher Unternehmen soll ausgeweitet werden.
Besonders der erste Punkt, die Klassifizierung und Definition von Nachhaltigkeit, ist in den letzten Monaten vorangeschritten. Die im Zuge dessen entwickelte Sustainable-Finance-Taxonomie ist zum Schlüsselinstrument für eine nachhaltige Zukunft geworden.
Wie funktioniert die EU-Taxonomie?
Die EU hat zunächst sechs Umweltziele definiert:
- Klimaschutz
- Anpassung an den Klimawandel
- nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen
- Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft
- Vermeidung von Verschmutzung
- Schutz von Ökosystemen und Biodiversität
Damit eine Maßnahme oder ein Produkt taxonomiekonform ist, muss mindestens zu einem Ziel ein positiver Beitrag geleistet werden. Gleichzeitig dürfen die anderen Ziele nicht gefährdet werden. Außerdem gibt es Mindestanforderungen im Hinblick auf Menschenrechte und Soziales, die ebenfalls erfüllt sein müssen.
Bye-bye Greenwashing
Die EU will über die Taxonomie eine Regulierung ermöglichen, die für alle Marktbeteiligten Klarheit schafft. Alle Anlegenden sollen mit Sicherheit wissen, ob sie wirklich in ein grünes Finanzprodukt investieren. Banken verlieren damit den Spielraum, ihre Finanzprodukte als besonders grün zu vermarkten, obwohl sie es vielleicht nicht sind. Hinzu kommt die Pflicht zur Offenlegung: Ab dem Berichtsjahr 2021 müssen Banken ihre Taxonomiekonformität in bestimmten Bereichen öffentlich machen. Grundsätzlich erhofft sich die EU von der Taxonomie einen Imagegewinn für wirklich nachhaltige Unternehmen, und dass diese dadurch mehr Investitionen erhalten.
Eine Investition in den Klimaschutz in Höhe von 1 Euro spart 15 Euro an Kosten, die durch den Klimawandel verursacht werden.
Allerdings ist die Taxonomie noch in der Entwicklung. Bislang hat die von der EU beauftragte Expert_innengruppe Vorschläge für die ersten beiden Umweltziele erarbeitet. Darin enthalten sind Vorgaben für siebzig Wirtschaftsaktivitäten (zum Beispiel Betonherstellung) in acht Sektoren wie beispielsweise Energiewirtschaft. Zusammengenommen verursachen diese mehr als 90 Prozent der europäischen Treibhausgasemissionen.
„Nachhaltigkeit light“ reicht nicht
Die übrigen vier Ziele und weitere Wirtschaftssektoren sollen zügig folgen. Allerdings hat die bisherige Entwicklung der Taxonomie gezeigt, dass es nur schwer möglich ist, einen Konsens innerhalb aller EU-Länder zu finden. Die Definitionen von Nachhaltigkeit gehen sehr weit auseinander. Ein Beispiel: In Frankreich gilt Atomkraft als nachhaltig, weil sie emissionsarm ist. Deutschland widerspricht in diesem Punkt. Dafür möchte Deutschland Gas für taxonomiekonform erklären, was wiederum andere Länder kritisieren.
Um für die Taxonomie eine Mehrheit innerhalb aller EU-Staaten zu finden, müssen immer wieder Kompromisse eingegangen werden. Zu befürchten ist, dass das Ergebnis nicht viel mehr als ein Mindeststandard wird – aber genau das gilt es zu verhindern. Denn die Taxonomie bietet die einmalige Chance, die Finanzwelt zum Treiber für die Transformation hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft zu machen. Immerhin hat sich die EU jüngst dazu verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu sein, eine leistungsfähige Kreislaufwirtschaft zu etablieren und Biodiversität zu schützen. Dafür brauchen wir einen Umbau von Technik, Ökonomie und Gesellschaft, der mit enormen Investitionen verbunden ist. Mit Mindeststandards wird die EU diese selbst gesteckten Ziele kaum erreichen.
Erneuerbare-Energien-Projekte wie der Solarpark Menteroda erfüllen beispielsweise die Kriterien für eine Finanzierung durch nachhaltige Banken wie die UmweltBank. | Foto: UmweltBank
Die nachhaltige Zukunft wirksam mitgestalten
Die UmweltBank möchte einen positiven und effektiven Beitrag zu den aktuellen Bestrebungen der EU leisten und vor allem sicherstellen, dass die europäische Finanzwelt zukünftig ihren Einfluss besser für eine nachhaltige Welt einsetzt. Darum ist die UmweltBank unter anderem dem Green and Sustainable Finance Cluster Germany (GSFCG) beigetreten. Das GSFCG versteht sich als offenes Netzwerk, das als zentrale Anlaufstelle für die nachhaltigkeits- und klimarelevante Fragen innerhalb der Finanzwelt und darüber hinaus dienen soll.
Und noch viel wichtiger: Das Cluster berät auch die Bundesregierung bei Fragen rund um die Entwicklung einer nachhaltigen Finanzwirtschaft. Zudem trifft das Team der UmweltBank im GSFCG auf Kolleginnen und Kollegen, die Teil jener technischen Gruppe sind, die Vorschläge für die EU-Taxonomie erarbeitet. So kann die UmweltBank über den Austausch im Cluster wichtige Impulse geben. Schließlich soll aus den aktuellen Arbeitsprozessen innerhalb der EU am Ende kein zahnloser Tiger herauskommen, sondern ein wirkungsvolles Instrumentarium für einen echten Wandel in unserer Gesellschaft.
Allerdings sind noch einige praktische Fragen offen: So sollen Banken bereits ab Januar 2022 erstmalig zur Taxonomie Bericht erstatten. Doch bislang ist völlig unklar, wie eine Überprüfung der unternehmerischen Angaben zur Taxonomie-Konformität erfolgen soll. Wer überprüft die Banken und wie läuft das Reporting vonseiten der Finanzbehörden ab? Wie sollen inländische Investor_innen mit fehlenden Informationen bei außereuropäischen Engagements umgehen? Die Politik muss diese Fragen zügig klären.
Trotz aller Stolpersteine zeigen die Bemühungen um eine EU-Taxonomie deutlich, wie viel Finanzströme bewirken könnten, wenn sie von den Banken bewusst gelenkt würden. Es bleibt zu hoffen, dass sich die zukünftige Bundesregierung stärker für wirksame Nachhaltigkeitskriterien in der Finanzbranche einsetzen wird. Denn Banken können sehr viel tun, um unser Klima zu retten.