Wenn etwas „Konjunktur hat“, meint der Volksmund damit, dass es rund läuft. Die Volkswirte der Deka meinen zur aktuellen Situation, dass insbesondere schlechte Nachrichten „Konjunktur haben“. Denn ökonomisch läuft es überhaupt nicht rund, wie der Ausblick des Internationalen Währungsfonds auf die Weltwirtschaft (IWF) verdeutlicht. Die naheliegenden Ursachen sind die hohen Inflationsraten, Energieknappheit, der weltweite Zinsanstieg, die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine. Doch lohnt ein differenzierter Blick in die großen Volkswirtschaften, um nicht zuletzt auch eine Perspektive für die anschließende konjunkturelle Erholung zu gewinnen.
In Europa spielen die Energieversorgung und die energiepreisgetrieben hohen Inflationsraten die maßgebliche Rolle. In Deutschland gilt es gar, eine Gasmangellage und Rationierungen im Winter zu vermeiden. Viele europäische Regierungen versuchen, die Kaufkraftverluste der privaten Haushalte und die Kostenerhöhungen für die Unternehmen durch staatliche Maßnahmen abzumildern. Dies und die bis dato starke Verfassung der Arbeitsmärkte helfen, einen stärkeren Einbruch zu vermeiden. Doch eine schwungvolle Belebung der Volkswirtschaften ist weit entfernt. Denn der Umbau im Unternehmenssektor in Richtung Digitalisierung und Nachhaltigkeit sowie die Neuordnung von Lieferketten für Energie und Vorleistungsgüter sind mehrjährige Aufgaben, die zunächst das Wachstum dämpfen.
USA: Überstimulierung fordert ihren Tribut
In den USA stehen die starken Zinsanstiege an erster Stelle der Belastungsfaktoren. Die dortige Inflationsbekämpfung erfolgt als Reaktion auf die hausgemachte finanzpolitische Überstimulierung der US-Wirtschaft im Gefolge der Corona-Krise. Die geldpolitische Straffung zeigt bereits spürbare dämpfende Effekte auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen und im Wohnungsbau. Die US-Notenbank wird mit ihrem Leitzins bis zum Jahresende noch weiter in den restriktiven Bereich voranschreiten. Mit der dann gebrochenen Inflationswelle und den ab 2024 erwartbaren Zinssenkungen dürfte die Konjunktur dort angesichts der Flexibilität der US-Volkswirtschaft recht zügig wieder Tritt fassen.
Das Land der Mitte erreicht eigene Ziele nicht
China steht sich mit seiner Null-Covid-Strategie, kaum gelösten Problemen im Immobiliensektor und den demographischen Herausforderungen selbst im Weg und schafft so das selbstgesteckte Wachstumsziel von 5,5 Prozent vorerst nicht. Staatspräsident Xi muss in seiner gerade beginnenden neuen Amtszeit zeigen, wie er demnächst wieder erfolgreich am gemeinsamen Wachstum für seine riesige Bevölkerung arbeiten will.
Dann wird die Weltwirtschaft nach einem schwachen Winterhalbjahr aus den Höhen und Tiefen herauskommen, aber man sollte sich keine Illusionen über die Dynamik der wirtschaftlichen Erholung machen. Die noch ausstehenden Leitzinserhöhungen sowie die schwache Konjunkturlage haben sich natürlich weitgehend auch am Kapitalmarkt niedergeschlagen.